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Pressemitteilungen

Volkstrauertag in Helmbrechts

Beschreibung

Am Sonntag, den 16. November fanden im Stadtgebiet Helmbrechts und seinen Ortsteilen Gedenkfeiern anlässlich des Volkstrauertages statt.

Bürgermeister Stefan Pöhlmann sprach im Rahmen des Gottesdienstes in der evangelischen Johanniskirche einige Worte. Gemeinsam mit Vertretern der Feuer, Reservisten und Soldaten, Vertreterinnen und Vertreter des Stadtrates und des Kirchenvorstandes, legte er zur stillen Anteilnahme der Opfer von Krieg und Gewalt einen Blumenkranz am Stadtbrunnen nieder.

Die Rede von Bürgermeister Stefan Pöhlmann kann hier nachgelesen werden:

"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

es ist November. Zwischen Reformationsfest, Allerheiligen und Ewigkeitssonntag begehen wir alljährlich den Volkstrauertag. Dieses Mal erinnern wir uns an 80 Jahre, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vergangen sind. Wir leben seit 80 Jahren im Frieden. Welch glückliche Zeit! Bedenken wir doch heute einmal, dass es selten Generationen vor uns gegeben hat, die in einer so langen Phase des Friedens, der Freiheit und der Demokratie leben durften. Ich selbst, Jahrgang 1967, kann mich noch an viele Gespräche erinnern, die die Erwachsenen in den siebziger Jahren am Küchentisch geführt haben. Es ging um den Krieg. Aber diese Gespräche, so erinnere ich mich, hatten keine heroischen Ruhmestaten oder kriegsverherrlichende Aussagen zum Inhalt. Nein, es waren Gedanken, die mit viel Traurigkeit verbunden waren. Gerade deshalb bin ich froh, dass ich von diesen schlimmen Zeiten zwar erzählt bekam, aber sie selbst nicht erleben musste. 

Erinnerung ist wichtig, das haben wir all die Jahre immer wieder betont. Aber wie soll man sich erinnern, wenn es niemanden mehr gibt, der die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg noch erlebt hat. Die Realität erschreckt: 40 Prozent der Jugendlichen, so konnten wir dieser Tage lesen, wissen vom Nationalsozialismus und vom Holocaust erschreckend wenig bis gar nichts. Nicht umsonst ist die in diesem Jahr mit 103 Jahren verstorbene Margot Friedländer von Schule zu Schule gegangen mit ihrer eindringlichen, aber einfachen Botschaft: „Seid einfach Menschen!“ Die Frankenpost schrieb hierzu am Donnerstag unter der Überschrift „Der Volkstrauertag ist erschreckend aktuell“ Folgendes: „Wenn die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen (bei Schulexkursionen auf Soldatenfriedhöfen) Gräber entdecken, in denen Menschen liegen, die gleich alt oder kaum älter als sie selbst geworden sind, löst das vielfach etwas in ihnen aus. Wenn ich merke, dass ich auch selbst hätte in diesem Grab liegen können, wäre ich zu einer anderen Zeit geboren worden, rührt das ganz anders an mir.“

Ich möchte Ihnen von meiner Oma erzählen. Sie wurde 1910 in Kleinschwarzenbach geboren und hatte neun Geschwister. Insgesamt waren es sieben Mädchen und drei Buben. Meine Oma war gerade vier Jahre alt, als die Familie ihren ältesten Bruder im Ersten Weltkrieg verloren hat. Sie hat oft erzählt, wie er sie mit seinen jungen starken Armen hochgehoben, in die Luft geworfen und wieder aufgefangen hat. Das war so gut wie das Einzige, woran sie sich erinnern konnte. Doch schon wenige Wochen nach Kriegsbeginn ließ er im Herbst 1914 in Frankreich sein Leben. Ihr zweiter Bruder fiel im Zweiten Weltkrieg, der dritte starb ziemlich jung in den sechziger Jahren. Meine Oma heiratete 1934, ihr Mann musste fünf Jahre später in den Krieg. Am letzten Kriegstag, dem 8. Mai 1945, tötete ihn eine Kugel in der Tschechoslowakei.

Von Omas sechs Schwestern gab es fast keine, die nicht ihren Ehemann oder einen oder gleich mehrere Söhne im Zweiten Weltkrieg verloren haben. Zehn Familien, die Tod und Leid erleben mussten, wie wir es uns heute gar nicht mehr vorstellen können. Meine Oma starb 2001 mit 91 Jahren. Nur elf Jahre davon war sie verheiratet, und von diesen elf Jahren waren sechs Jahre Krieg.

Warum erzähle ich das alles? Dafür gibt es drei Gründe: Zum einen, weil ich weiß, dass solche Schicksale so gut wie jede Familie in unserer Stadt und den Ortsteilen ereilt haben. Sie alle werden solches Leid von Erzählungen kennen. Ich erzähle das aber auch, um noch einmal deutlich zu machen, in welcher glücklichen Zeit wir bis heute leben. Und erlauben Sie mir folgenden Gedanken: Wäre die heutige Generation, die in Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung aufgewachsen ist, die keine Not und kein Elend kennt – wäre diese Generation, wäre unsere heutige Gesellschaft in der Lage, solche Leistungen wie den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zu vollbringen, Entbehrungen auszuhalten und trotzdem den Mut nicht zu verlieren? Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber ich habe daran meine Zweifel.

Und der dritte Grund, warum ich das von meiner Oma erzähle, ist die traurige Tatsache, dass es immer noch, immer wieder und immer mehr Menschen gibt, die meinen, das mit den Nazis damals, das sei doch alles nicht so schlimm gewesen. Und das müsse doch auch einmal aufhören nach so vielen Jahren. Doch ich frage Sie: Kann man, darf man solche Schicksale verharmlosen?

Es ist keine Frage, und man kann es nicht deutlich genug aussprechen: 80 Jahre nach Kriegsende sind unsere Demokratie und unser Leben in Freiheit bedroht wie noch nie: Ein russischer Aggressor führt Krieg in Europa und überfällt ein freies Land. Quasi über Nacht ist die Sicherheitsarchitektur Europas auf den Kopf gestellt. Mit seinem Überfall auf die Ukraine bedroht Russland auch den Frieden in ganz Europa. Seitdem bemühen sich die Bundesregierung und das Nordatlantische Bündnis zu Recht darum, wieder verteidigungsfähiger zu werden. Zu dieser Bedrohung kommt die große Gefahr von innen, indem rechtsextreme Kräfte an unserem demokratischen Rechtsstaat rütteln und ihn letztendlich abschaffen wollen. Sie verhöhnen unsere demokratischen Institutionen, vergiften unsere Debatten und betreiben das Geschäft mit der Angst. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in der vergangenen Woche in seiner Rede zum 9. November darauf hingewiesen. „Die Lügen, die Hetze, der Hohn und der Hass, die im Internet und in den sozialen Medien millionenfach verbreitet werden, sind zu einer Gefahr für die Demokratie geworden.“ Und der Bundespräsident sagt weiter: „Worauf warten wir eigentlich noch? Es ist höchste Zeit, dieser Gefahr wirksam zu begegnen. Ja, es gibt viele, die schweigen und abwarten. Denen möchte ich sagen: Mischen Sie sich ein! Was wir jetzt brauchen, sind aktive Demokratinnen und Demokraten, die den Mund aufmachen, im Parlament, beim Fußball, am Stammtisch, in der Schule, an der Bushaltestelle und am Arbeitsplatz.“

Lassen Sie mich am Ende von einer Beobachtung erzählen, die ich immer häufiger mache. Dabei spielt ein Wort eine besondere Rolle: die Neutralität. Denn: Viele Menschen sind heute der Ansicht, man dürfe in unserem Land nicht mehr alles sagen und behaupten. Stichwort: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen! Richtig, das steht auch in Artikel 5 des Grundgesetzes: „Jeder hat das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten.“ Doch die durch Artikel 5 geschützte Meinungsfreiheit ist kein Freibrief für völkisches oder verfassungsfeindliches Denken – Artikel 18 setzt hier klare Grenzen. Denn hier steht: „Wer die Freiheit der Meinungsäußerung zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese Grundrechte.“ Demokratie und Freiheit sind das Fundament unseres Zusammenlebens, und wer daran rüttelt, muss mit Konsequenzen rechnen.

Neutralität darf nicht bedeuten, verfassungsfeindliche Aussagen zu dulden. Im Hinblick auf die Demokratie darf man nicht „neutral“ sein. Wo Demokratie gefährdet ist, müssen wir handeln. Mit Blick auf meine bald zu Ende gehende, 18-jährige Amtszeit bin ich sehr besorgt über manche gesellschaftliche Entwicklung, die Verrohung unserer Debattenkultur und unseres Zusammenlebens. Statt Hass, Hetze und Schwarzseherei brauchen wir dringend Zuversicht und Zusammenhalt. Deshalb: Lasst uns füreinander einstehen und nach Artikel 1 unseres Grundgesetzes leben – Die Würde des Menschen ist unantastbar. Daran erinnern uns alle Opfer von Weltkriegen, Gewaltherrschaft und Terrorismus, derer wir heute gedenken. Unser Glück, in einer Welt des Friedens und der Demokratie aufwachsen und leben zu dürfen (nicht wie meine Oma) verpflichtet uns dazu, allem entgegenzutreten, was unsere Freiheit gefährdet."

 

 

Ein mit rosa und weißen Blüten gestalteter Kranz steht am Rathausbrunnen zum Volkstrauertag.

Blumenkranz am Stadtbrunnen am Rathaus. Foto: Stadt Helmbrechts

Vier Reservisten und Helmbrechtser Bürgermeister stehen am Gedenkstein in Kleinschwarzenbach zum Volkstrauertag. Ein Blumenkranz ist niedergelegt.

Gedenkveranstaltung in Kleinschwarzenbach. Foto: Michael Eckardt

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